V/A – le pop 9: au début (CD)
Attention - hier kommt der Nachwuchs! Eine neue Generation von Künstlern macht sich auf, die Pop-Szene Frankreichs aufzumischen. Respektlos, voller musikalischer Ideen und ungeheuer talentiert. Die Compilation trägt nicht umsonst den Untertitel "au début". Enthalten sind 16jhunge Künstler aus Frankreich, allesamt Namen, die noch nie auf einer Le Pop-Compi aufgetaucht sind. Ein zeitgemäßer Sound prägt die aktuelle Szene und sorgt dafür, dass man kreativen Chanson-Pop in allen Facetten noch einmal ganz neu entdecken kann. Schon die Vorgängergeneration entrümpelte Anfang des Jahrtausends das Genre:Cocktail-Pop, Minimalismus und Indie ersetzten Akkordeonklänge und Yéyé-Beat. Die Generation 2018 setzt dies fort, lässt aber noch viel stärker elektronische Sounds und Produktionsweisen einfließen, die aus dem Hip Hop und R&B kommen. Die beiden Köpfe hinter Polo & Pan sind DJs, die Sängerin von Hollydays ist Rihanna-Fan, ihr Kompagnon steht auf Amon Tobin und Aphex Twin. Wer die Überfliegerin Angèle auf der Bühne sieht, der wird sich nur so lange über deren Moves wundern, bis er weiß, dass ihr Bruder der berühmte belgische Rapper Roméo Elvis ist. Und so geht es weiter: Ezéchiel Pailhès ist schon mit dem elektronischen Duo Nôze in Erscheinung getreten, Georges Moustaki-Preisträgerin Laurie Darmon driftet vom Chanson in den Sprechgesang ab und steht mit einem Human-Beatbox-Performer auf der Bühne. Die schon zweimal beim Victoire de la musique ausgezeichnete Band La Femme präsentiert ihren frankophonen Indiepop mit vier Keyboards auf der Bühne. Von Gitarrennostalgie weit und breit keine Spur. Und bei Poésies von Chaton wird die Stimme durch Autotune-Effekte verfremdet, so dass sein Song wie eine raffinierte Reminiszenz an modernen Dancehall daherkommt. Die coole Selbstverständlichkeit von Flavien Berger, vielleicht die zentrale Figur der neuen Szene, lässt viele Bands, die mit mäßigem Englisch auf internationalen Erfolg schielen, wie Möchtegern-Hipster aussehen. Der Ideenreichtum Ali Danels, der ein Gedicht des Surrealisten Paul Elouard mit Afro-Beat hinterlegt, wirkt wie eine zeitgemäße Aneignung des Prinzips von Serge Gainsbourgs Percussions, ohne auch nur ein bisschen rückwärtsgewandt zu klingen. Das Besondere: im Kern bleibt diese Musik immer Chanson. Die Sprache definiert das Genre, die Stimmen stehen im Zentrum der Produktionen und die Melodie bleibt das tragende Gerüst der Songstrukturen. Und so ist Le Pop 9: au debut ein erneuter Beweis für die Lebendigkeit eines Genres, das sich musikalisch und auch inmitten veränderter Rahmenbedingungen immer wieder erneuern und damit höchst faszinierend bleiben kann. Wer nur ein wenig frankophil ist, der kommt an dieser Compilation nicht vorbei. Ein Album, das von der offenenen und eleganten Ästhetik dieser Generation geprägt ist und deswegen eine unvergleichliche Atmosphäre ausstrahlt. *Le Pop