DIE GOLDENEN ZITRONEN – more than a feeling (CD, LP Vinyl)
Die Goldies haben uns gewarnt. Jetzt haben wir den Salat. Auf Gefühle ist kein Verlass, was zählt, ist die Realität, die die Goldies auf ihrem 13ten Album mit der ihnen typischen Form verklausulierter Kritik angehen, Fragen aufwerfen und mit dem Spiegel vor dem Gesicht der Hörer fuchteln. Es ist auch eine Sammlung von verzweifelten Spottliedern, also Songs, bei denen du nicht recht weißt, ob nicht die Verzweiflung über das Verspottete den Spott noch durchdringen lässt. Wie in "Mauer bauen" zum Beispiel, wo sich die Goldies fragen, was eigentlich mit "Volk" gemeint ist. Sie interessieren sich für "das schwer Benennbare", wie es in "Die alte Kaufmannsstadt, Juni 2017" heißt, ein Stück, das die Geschichte des G20-Spektakels in Hamburg erzählt. Das zu motorischem Bhangra-Beat krautig galloppierende "Nützliche Katastrophen" spielt sich im Kopf politischer Totengräber ab: "Sehe ich Dunkles hinter deiner Tür / Ich bin da, ich helfe dir" und gipfelt in einem poppigen "Ohlalalala". Geht's hier um die tot geglaubte Wiederkehr von populistischer Feindbildproduktion zum machtpolitischen Selbstzweck? Oder seh' ich mich noch auch ganz gerne in der Trotzdem-alles-im-Griff-Rolle? Diese beunruhigende Gewissheit, dass das Private politisch ist, liegt oft unter den Texten der Goldies. "Ich weiß jetzt das du Angst hast vor Veränderung / Obwohl du gern nach Teneriffa fliegst", heißt es in "Bleib bei mir" (feat. Sophia Kennedy). Vielleicht sind die Goldies nach wie vor eine Punkband, aber wenn dem so ist, dann ist Punk eine Haltung, die Haltungen (musikalische, inhaltliche) sucht, die es noch nicht gibt. Das Album entstand arbeitsteiliger als die Vorgänger. Die Goldies äußern sich aber auch hier immer so, wie es bisher niemand gemacht hat, musikalisch und inhaltlich. *Buback