DIE NERVEN – s/t (CD, LP Vinyl)
Limitierter orangener Vinyl-Repress! Das schwarze Album von Kevin Kuhn (Schlagzeug), Julian Knoth (Bass und Gesang) und Max Rieger (Gitarre und Gesang). Kein Wolf ziert das Cover, nein: ein schwarzer Schäferhund vor schwarzem Grund. Das Album ist auch ein Stimmungsbild. Und in der konsequenten Wortschatzverkleinerung ihrer Texte, die vage genug bleiben, um in der chaotischen Komplexität der Gegenwart Impulse zu setzen, ist die Musik auch Sprachrohr für ein Unbehagen geworden, mit dem man sich in jedem ihrer Stücke identifizieren kann: Zehn in Form und Inhalt vollendete Gegenwartsbetrachtungen mit Schaum vor dem Mund, die schließlich als vereinfachte Erzählungen mit Edding auf ein weißes T-Shirt geschrieben werden, so dass die Farbe durchdrückt und sich auf der zwischen Wut und Angst aufgebracht pumpenden Brust verewigt. "Europa" und "Ich Sterbe jeden tag in Deutschland" - wie alle Texte 2018/19 entstanden und somit irritierend visionär - offenbaren die Nerven als Teil einer behüteten Generation, die zu ahnen beginnt, dass ihr noch ganz andere Zeiten bevorstehen, und dass das erlebte Leid der Anderen untrennbar mit den eigenen Privilegien zusammenhängt. Deshalb: "Keine Bewegung"; vielmehr: Passivität und Ohnmacht ob der sich zuspitzenden Zustände, konterkariert durch die Wucht des Songs! "Alles reguliert sich selbst" entlarvt den Slogan als Lüge, macht das Kippmoment ins unausweichliche Chaos spürbar. "Ganz egal" erzählt sardonisch von der Sattheit einer Generation und vertont die Energie einer Auflehnung gegen diesen Zustand. Im Perspektivwechsel dann erleben wir - mit einem gewissen Zynismus erzählt -, wie die bis hierhin gewonnenen Erkenntnisse die Sozialen Medien überfordern und in ihnen eine übelschmeckende, narzisstische Dekadenz aufdecken: "Ein Influencer weint sich in den Schlaf". Am anderen Ende werden wir ganz unabwendbar "Der Erde gleich" - und der Existentialismus, der die Nerven stets getrieben hat, findet zu einer gewaltigen Songkraft. *Glitterhouse