OTTO VON BISMARCK – zu viele erinnerungen (LP Vinyl)
Geboren als Ottmar Seum im Jahre 1959, brach er Ende der Siebziger Jahre alle staatlichen Bildungswege ab, um in der legendären Frankfurter Postpunk- und Jazzfunk-Band Grabhund zu spielen, die auf dem hauseigenen Label des legendären Zweitausendeins-Versandhandels schließlich ein Album herausbrachten ("ABC", 1981).Die Band löste sich schnell wieder auf und Otto zog schließlich nach Berlin. Hier gründete er 1984 zusammen mit Caspar Brötzmann die Punk-Band The Bonkers. Auch die gingen nach intensiven Touren lieber wieder getrennte Wege und so gründete er 1985 die sagenumworbenen Space Cowboys, die irgendwo zwischen Indierock, frühem Hip-Hop und Acid-House und einem sich anbahnenden urbanem Rave-Sound ziemlich vorne dran waren mit ihren Pop-Entwurf. Mit ihren sensationellen Outfits, gestaltet von Bandmitglied Danielle de Picciotto, erspielen sie sich rasch einen exzellenten Live-Ruf weit über die Mauerstadt hinaus und veröffentlichten ihre Alben schließlich bei Rough Trade. Sie ahnen es sicher bereits: Auch die Space Cowboys lösten sich kurz vor ihrem internationalen Durchbruch wieder auf und Otto von Bismarck widmete sich nach einer kurzen Pause dem eher klassischen Songwritertum. In der noch jungen Berliner Band The Whitest Boy Alive fand er schließlich eines Abends mit Daniel Nentweg und Sebastian Maschat ein tolles Rhythmus-Gespann und gründet mit ihnen und der Sängerin und Bassisten Yelka Wehmeier die Band Two Chix & A Beer. Sie schrieben komplett aus der Zeit gefallene Blue-Eyed-Soul-Boogie-Pop-Tunes irgendwo zwischen Van Morrison und NRBQ, tourten ausgiebig und lästen sich nach einem offiziellen Album selbstverständlich auch wieder auf. (Es soll aber noch unzählige selbstgebrannte CD-Veröffentlichungen geben!) Was heute von den Chix übriggeblieben ist, ist immerhin noch ein einsatzfreudiges Trio, das aus Daniel Nentweg (Keyboards, Bass, Produktion) und dem neu dazu gestoßenen Berliner Schlagzeuger Robert Kretzschmar (Masha Qrella usw.) sowie selbstverständlich Otto als Songschreiber, Gitarrist, Pianist und Sänger besteht. Ein Album, das nur jemand mit einer solchen Vita schreiben kann. Dabei ist es mit Sicherheit kein sentimentales Alterswerk. Ganz im Gegenteil: Es sprudelt nur so über vor verrückten Ideen, ist club- wie datschenkompatibel, hat viel Soul, sowieso immer einen unfassbar guten Groove und mit Otto Von Bismarck einen der tollsten Songschreiber der Republik. Dass er es bis hierher immer wieder geschafft hat, diesen Sachverhalt zu verschleiern, muss man bei so viel Talent auch erst mal hinbekommen. *Staatsakt