OZAN ATA CANANI – warte mein land, warte (CD, LP Vinyl)
Eine mehr als bemerkenswerte Scheibe, eine poetische Vision der Zukunft -aus der Vergangenheit. Im Corona-Sommer 2020 wurden die Aufnahmen auf Initiative von Bülent Kullukçu und Imran Ayata nach über vierzig Jahren mit der alten Crew endlich komplettiert. Ein Liederzyklus, den Ata Ende der 70er/ Anfang der 80er Jahre geschrieben hat, den aber damals niemand hören wollte. Die türkische Community fragte sich, warum der große Ata nun unbedingt auf Deutsch singen wollte. Der 13-jährige Ata war ein Wunderkind an der Baðlama gewesen, der anatolischen Langhalslaute. So gut, dass ihn der große Asik Mahzuni Serif mit auf Tournee nahm. Der junge Erwachsene Ata schrieb in den späten 70ern dann den ersten Liedzyklus anatolischer Musik in deutscher Sprache. Er wollte ankommen, in Deutschland leben und in Kommunikation mit der Mehrheitsgesellschaft treten. Er wollte hörbar machen, was alles schiefläuft. Überstrahlt wurde die Klage nur von Atas ansteckendem Optimismus. Seine Musik ist eine Reise, die die Hörerinnen mitnimmt. Damit war er seiner Zeit offenbar voraus, denn niemand wollte diese Lieder veröffentlichen. Die deutsche Gesellschaft wollte damals mit der türkischen Community wenig zu tun haben. Zum Ausdruck kommt in den Liedern in deutscher (und teils auch türkischer Sprache) zum abwechslungsreich mit unterschiedlich inszenierten Schwerpunkten gespielten Sound des Anadolu Rock ein Gefühls- und Geisteszustand, der auch sechzig Jahre nach dem "Gastarbeiter-Anwerbeabkommen" Debatten, Skandale, Diskurse und den Alltag vieler Menschen mit türkischen (und nicht-deutschen) Wurzeln in Deutschland prägt. Ata, seinen Auftritt in einer Bio´s Bahnhof-Sendung und einem Song auf der sagenhaften Trikont-Compilation "Songs of Gastarbeiter" außen vor gelassen, verschwand lange Zeit von der Bildfläche. Er lebte und lebt in Leverkusen und verdient sein Geld als Musiker hauptsächlich auf Familienfeierlichkeiten. Fun in the Church/Staatsakt