SIMON JOYNER – songs from a stolen guitar (CD, LP Vinyl)
Seine Stärke ist ein Songwriting das musikalisch wie poetisch kratzt und schabt: am amerikanischen Traum, an dessen Wirklichkeit und den Menschen, die ihn bevölkern, so auch auf dem neuen Album des seit 1990 mit rauhem, dunklem Songwriter-Folk im Fahrwasser von Cohen und Dylan musizierenden und singenden Outsiders und Loner-Folksters, der von Conor Oberst als großer Einfluss angesehen wird. Das musikalisch wie textlich nachdrücklich agierende neue Album beschäftigt sich pandemiebewältigend mit Isolation, auch bei der Produktion, denn alle beteiligten Musiker waren allesamt alleine bei ihren Aufnahmen in verschiedenen Städten, um ihre jeweiligen Parts zu finden. Joyner nahm seinen Gesang und seine Gitarre live in Omaha auf; Bassist Wil Hendrix fügte seine Parts zu Hause in San Francisco hinzu, Michael Krassner nahm seine Gitarren- und Klavier-Overdubs zu Hause in Phoenix auf, und Schlagzeuger/Percussionist Ryan Jewell nahm in Colorado auf. Dieser musikalische Kettenbrief machte sich dann auf den Weg zurück nach Omaha, wo David Nance (Gitarren und Backing Vocals), Ben Brodin (Orgel und Vibraphon) und Megan Siebe (Bratsche und Backing Vocals) - getrennt voneinander - ihre jeweiligen Beiträge einspielten. Dieses Vorgehen zahlt sich aus. Die "virtuelle" Band spielt eine unterstützende, aber komplementäre Rolle und erzeugt immer das richtige Maß an Spannung, um die emotionsgeladenen Geschichten zu begleiten und zu umhüllen. Das Zusammenspiel ist einfühlsam und kohärent. Joyners Songs, die hier sorgfältiger und vielleicht absichtsvoller produziert wurden als auf jedem seiner früheren Alben, kommen viel klarer durch und stellen sowohl seine schillernden Wortspiele als auch seine klare Vision in den Vordergrund. Eins der seltenen Alben, das nach dem klingt, worum es geht: die Kluft zwischen Einsamkeit und Alleinsein, die Grenzen zwischen Liebe und Hingabe, der Unterschied zwischen dem Tornado und dem, was er hinterlässt. *BB Island